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Kolumne Gedankenstrich - Reset - Analoger Neustart

Autorenbild: Julia SchallbergerJulia Schallberger

Erschienen im Wochenblatt am 6. Februar 2025

Ampel mit grünem Knopf. Kleber darüber mit push to reset the world
Reset © Unsplash

"Reset" statt "moving forward"

Der erste Monat des Jahres liegt hinter uns. Sind Sie gut ins 2025 gestartet? Haben Sie sich Vorsätze genommen? Konnten Sie diese beherzigen, oder haben Sie sie schon verworfen? Ich meinerseits kam nicht einmal dazu, mir etwas vorzunehmen – vielmehr wurde ich um den Jahreswechsel mit Herausforderungen konfrontiert, die mir unweigerlich vorgaben, was ich ändern musste. Ein fieser Hackerangriff brachte mich dazu, die sozialen Medien vorerst komplett zu meiden. Bald darauf wurde unsere Familie durch mehrere Grippeviren tagelang flachgelegt. Auf den ersten Blick zwei gänzlich unterschiedliche Ärgernisse. Schliesslich fühlte ich mich jedoch in beiden Fällen gelähmt und gezwungen, mich auf das zu fokussieren, was physisch lösbar war – und alles andere einfach loszulassen. Ich drückte die Reset-Taste. Tatsächlich fühlte es sich zunächst merkwürdig an, keine sozialen Medien mehr zu nutzen. Ich fragte mich, was wegbrechen würde, wenn ich mein berufliches Netzwerk nicht mehr über diesen Kanal informieren konnte. Doch schon bald spürte ich eine unerwartete Leichtigkeit. Ich genoss es, meine Energie nicht mehr doppelt verwenden zu müssen, mich wieder ganz auf mein physisches Tun und das gesprochene respektive gedruckte Wort zu konzentrieren.



(Digital) Detox - Loslassen und physisch landen

Blüte von Pusteblume
Loslassen, physisch wieder landen

Manchmal ertappte ich mich auf Spaziergängen bei dem Gedanken, welches sinnvolle Posting ich jetzt teilen könnte. Doch es blieb bei der blossen Idee. Stattdessen widmete ich mich meinem Schritt, dem Atem oder einem kurzen Schwatz mit Passanten. Gerade als ich aus dieser Erfahrung Energie und Inspiration zog, warf mich die Grippe ins Bett und auf meine Grundbedürfnisse und Minimalkräfte zurück. Doch nach einer Weile gelang es mir, auch diesen Zustand anzunehmen. Ich sagte Arbeit und Veranstaltungen ab, verschob Termine und legte mich öfter hin. Alles lief wie in einem langsamer gedrehten Film. Dachte ich bisher, dass ich sehr bewusst unterwegs war, merkte ich jetzt, wie viele Dinge ich in den letzten Monaten automatisiert abgespult hatte. Stress hatte ich zwar kontrolliert, ihm aber keine wahren Pausen entgegengesetzt. Das Leben hatte mich zu einem Boxenstopp gedrängt, den ich gerne selbst und anders gewählt hätte. Doch im Nachhinein konnte ich aus dieser erzwungene Ruhe Erkenntnisse ziehen. Als ich unsere wieder gesunden Zwillinge in den Kindergarten brachte, spürte ich eine tiefe Dankbarkeit. Die Vorfreude in ihren Gesichtern und die schöne Morgenstimmung liessen mich durchatmen. Mein Körper hatte noch zu schaffen, aber ich war dankbar, ihn in Bewegung zu spüren und meinen Geist ganz im Moment zu wissen.


Potential der Pause

Vielleicht wirkt diese Kolumne persönlicher als sonst, und die Rede ist keine neue Rede, doch liegt sie mir am Herzen. Denn wenn ich sehe, wie viele Menschen um mich herum stets mehrere Hüte aufsetzen und alles geben, so will ich dazu ermutigen, auch mal Pausen und Nichtverfügbarkeit zuzulassen. Und wenn einen das Leben ungeplant ausbremst, den Ärger loszulassen. Stattdessen abzuwarten und wahrzunehmen, was alles schon da ist und wie man mit diesem Potential künftig noch bewusster und wertschätzender umgehen könnte.


Julia Schallberger, Februar 2025

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